Entwicklungen

seit 2022

Fusionsbiopsie (Kombination aus mpMRT & transrektaler oder perinealer Prostatabiopsie)
Die mpMRT (auch Kernspinverfahren genannt) ist mittlerweile ein wesentlicher Bestandteil der Vorsorge, Diagnostik und Therapieplanung im Bereich des Prostatakrebses. Diese Untersuchung ist nicht-invasiv, schmerzfrei und ohne Strahlenbelastung für den Körper. Die Nachweisempfindlichkeit liegt bei über 70 %. Damit liegt eine ca. doppelt so hohe Nachweiswahrscheinlichkeit vor im Vergleich zu ultraschallbasierten Verfahren (z. B. konventionelle Sonografie mit/ohne Kontrastmittel, Elastografie, Histoscanning) oder zu der Nachweissicherheit herkömmlicher Gewebeentnahmen der Prostata (Prostatabiopsie). Man nimmt heute an, dass mit 70 %iger Wahrscheinlichkeit kein Prostatakrebs vorliegt, wenn die mpMRT-Untersuchung kein verdächtiges Tumorareal zeigen kann.

Im Gegensatz zu anderen bildgebenden Verfahren (Computertomographie (CT), Ultraschall, Szintigraphie, Positronenemissionstomographie (PET)) erlaubt das mpMRT mehrere voneinander unabhängige Parameter zur Beurteilung der Prostata.

  • Hochauflösende T2-Bildgebung (morphologische Bildgebung der Anatomie)
  • Funktionelle Bildgebung der Diffusion (Gewebedurchlässigkeit) und der Perfusion (Durchblutung)

Daher wird diese Untersuchung auch als multiparametrische MRT bezeichnet.

Die Bilder der mpMRT-Untersuchung werden vom Radiologen und dem Urologen zusammen begutachtet, tumorverdächtige Areale werden eingezeichnet. Diese markierten Bildaufnahmen werden am Biopsie-Untersuchungstag in das Ultraschallgerät eingelesen, das zur Kontrolle der Gewebeentnahme der Prostata (Prostatabiopsie) benutzt wird.

Die Fusionsbiopsie Prostata erfolgt ambulant unter Vollnarkose und dauert ca. 30 Minuten. Nach einer ca. 1 stündigen Ruhephase können Sie wieder nach Hause gehen. Während der Untersuchung werden im Ultraschallgerät die MRT-Bilder mit Hilfe einer kognitiven Zuordnung den markierten Bereichen zugeordnet, so dass eine gezielte Gewebeentnahme möglich ist.

Mit der Fusionsbiopsie der Prostata ist ein Verfahren entwickelt worden, das dem Patienten wie Urologen mehr Sicherheit in der Diagnostik des Prostatakrebses gibt und damit bessere wie schonendere Therapiemaßnahmen ermöglicht.

Seit 2020

Fokale Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms mit der LDR-Brachytherapie

Die LDR-Brachytherapie mit radioaktiven Seeds als Therapie der gesamten Prostata ist neben der radikalen Prostatektomie (stationäre Operation), der perkutanen Radiatio (Strahlentherapie über 7Wochen) und der ‚Active Surveillance‘ (Aktiven Überwachung) eine von den internationalen und deutschen S3-Leitlinien empfohlene Therapie des Niedrig Risiko-Prostatakarzinom. Hierbei handelt es sich um eine Empfehlung des Evidenzgrades 2+.

Bei der LDR-Brachytherapie werden sog. Seeds (umschlossene radioaktive Stoffe) in einem ambulanten, einmaligen operativen Eingriff von ca. 60min. in die Prostata eingebracht. Diese geben ihre Strahlung über einen Zeitrahmen von 6 Monaten ab, um durch eine gezielte Strahlendosis in der Prostata das umgebene Gewebe zu schonen und nur das Tumorgewebe zu zerstören. Diese Seeds bestehen aus einer Titanhülle und enthalten Jod-125 als Strahlenquelle.

Die Planung der Positionierung der Seeds erfolgt intraoperativ mit Hilfe einer computergestützten Dosisberechnung, wobei die Präzision der Computerberechnungen eine millimeter-genaue Ablage der Seeds möglich macht. Nach dem Eingriff kann der Patient problemlos nach Hause gehen und nach 4–6 Wochen wird ein erneutes Planungs CT zur Qualitätskontrolle durchgeführt.

Im Rahmen einer fokalen Therapie werden die Seeds ausschließlich innerhalb des Tumorareals in der Prostata gezielt platziert, wobei neue, diagnostische Verfahren eine andere Wertigkeit in der Lokalisation des Prostatakarzinoms bekommen. Dazu gehört die mpMRT (multiparametrische Kernspintomographie der Prostata) als auch das PSMA PET CT [(F18-PSMA (Prostata-Spezifisches-Membran-Antigen). Dabei kommt es zur Anreicherungen eines Radionukleids in Kombination mit einer CT (Computertomographie), d.h. ein nuklearmedizinisches Verfahren wird kombiniert mit einem radiologischem Verfahren. Mit diesen beiden neuen Verfahren (mpMRT & PSMA PET CT) ist die Beurteilung und Lokalisation des Prostatakarzinoms auch innerhalb der Prostata sehr gut möglich und ermöglicht damit neue Wege zu gehen.

Die Gründe für eine präzise Therapie liegen auf der Hand. Erstens zeigten viele Autoren mit Hilfe von Prostatektomie-Präparaten, dass ein relevanter Anteil der Patienten (20-40%) lediglich eine unifokale Läsion aufweist. Zweitens wurde Ende der 90er Jahre das Konzept der „Index Lesion“ eingeführt. In diesen Analysen wurde berichtet, dass der „Index Tumor“ in den meisten Fällen mehr als 90% der Tumormasse repräsentiert und die anderen verstreuten Tumoranteile (“microfoci“) zu 80% kleiner als 0,5 ml sind und unklare Bedeutung für die Prognose haben.

Bisher gibt es kaum Daten zur fokalen Brachytherapie, insbesondere auf der Basis der hier genannten, neuen Verfahren zur Diagnostik des Prostatakarzinoms und bisher wurden nur Sättigungsbiopsien der Prostata herangezogen. In der Studie von Cosset et al. [Cosset JM et al (2013) Focal brachytherapy for selected low-risk prostate cancers: a pilot study. Brachytherapy12(4):331–337] wurden insgesamt 21 Patienten fokal therapiert. Im Rahmen dieser Studie zeigten sich postoperativ sehr gute funktionelle Ergebnisse. Im Vergleich zum funktionellen Ergebnis einer Therapie der gesamten Prostata zeigten sich bei der fokalen Brachytherapie bessere Ergebnisse bezüglich der erektilen Funktion bei identischen Ergebnissen hinsichtlich der Miktion. Die LDR-Brachytherapie eignet sich somit technisch hervorragend zur fokalen Therapie des Prostatakarzinoms. Dieser, den technischen Besonderheiten der Brachytherapie zu verdankende Fortschritt, beruht auf einer immer besser werdenden Anpassung der Dosisverteilung an das Zielvolumen mit der daraus resultierenden Möglichkeit der Dosiseskalation bei gleichzeitiger, effizienterer, Schonung der umgebenden Risikoorgane.

Neben der Erwartung, dass die „fokale Therapie“ die gleichen Tumorkontrollraten wie die „klassischen“ Therapien vorweisen wird, wurden insbeson-dere nachfolgende zu erwartende Vorteile definiert:

  1. Die fokale Therapie beseitigt Einschränkungen und Zweifel über die „active surveillance“, welche manchmal aus psychologischen Gründen von Patienten schlecht akzeptiert wird.
  2. Die fokale Therapie ist eine mögliche Antwort auf den immer wieder aufkom-menden Vorwurf der Übertherapie („Overtreatment“). Ein Vorwurf an die Ärzte, dass ein kleiner Tumor der Prostata zu aggressiv behandelt wird – mit einer Therapie der gesamten Prostata: Prostatektomie oder Strahlentherapie.
  3. Die zu erwartende Toxizität der fokalen Therapie ist sehr wahrscheinlich kleiner als die Toxizität bei der Behandlung der gesamten Prostata.
  4. Die Möglichkeiten der „Salvage Behandlung“ nach einer fokalen Therapie sind wahrscheinlich einfacher als nach einer konventionellen Therapie der gesamten Prostata.

Im Allgemeinen scheint die „fokale Therapie“ einen vernünftigen Therapiekompromiss zwischen „nicht genug“ (active surveillance“) und „zu viel“ (Behandlung der gesamten Prostata) einzunehmen.

Die Auswahl der Patienten hat hier selbstverständlich eine Schlüsselposition. Für die fokale Brachytherapie eignen sich nachfolgenden Patienten:

Einschlusskriterien:

  • Histologisch gesichertes Prostatakarzinom
  • Gleason Score der „Index Läsion“ ≤ 7a (3+4)
  • Tumorstadium: cT1-2a cN0 cM0
  • Unilateraler Befall; „Index lesion“ – Läsionsgröße ≤ 0,5 ml (entspricht der maximalen Länge des nachgewiesenen Karzinoms in der Größe von 10 mm) mit oder ohne klinisch nicht-signifikanter Läsion („clinically non-significant lesion“) der kontralateralen Seite (maximaler Länge des nachgewiesenen Karzinoms in der Größe von ≤ 5 mm). Insgesamt dürfen nicht mehr als 25% der Stanze befallen sein. Hierfür soll vor der geplanten fokalen Therapie eine bilaterale 16fache Stanzbiopsie unter Berücksichtigung der mp MRT Befunde und ein PSMA PET CT durchgeführt werden.
  • PSA ≤ 10 ng/ml
  • Keine Fernmetastasen

Als Ausschlusskriterien gelten:

  • Tumorstadium: ≥ T2b
  • Bekannte Metastasen: N+ und/oder M1
  • Keine Periduralanästhesie oder Vollnarkose möglich
  • Pathologische Gerinnungsparameter
  • entzündliche Darmerkrankungen

Seit 2016

Seit 2011

Seit 2010

European Urological Association (EUA)
http://www.uroweb.org/professional-resources/guidelines/

Verwendung des neuen Seeds Bebig Strand I25.S06
Im Hinblick auf den therapeutischen Erfolg und die Schonung des umliegenden Gewebes ist die exakte Platzierung der Seedketten im tumorbefallenen Organ, der Prostata, Voraussetzung. So sollen auf der einen Seite die Anzahl der Seeds so gering wie möglich gehalten, und auf der anderen Seite die maximale Dosis gezielt in den Tumor eingebracht werden. Hierzu müssen die Seedketten in folgenden bildgebenden Medien sichtbar sein:

  1. In der Ultraschall und Röntgendarstellung während der Implantation, um in 2 Ebenen und in 2 unterschiedlichen Verfahren die höchstmögliche Präzision in der Ablage der Seeds zu gewährleisten.
  2. In der Computertomographie (CT) oder Kernspin Diagnostik (NMR), um in einer ca. 4-6 Wochen nach der Implantation ambulant durchgeführten Untersuchung die Lage der Seeds zu überprüfen und mit der intraoperativen Planung zu vergleichen.
  • Die bisherigen Seedketten wurden Februar 2006 durch eine neue, nochmals verbesserte Technologie abgelöst. Diese enthalten gegenüber ihren Vorgänger einen kontraststärkeren Marker, der intraoperativ die Darstellung im Ultraschall und Röntgen erheblich präzisiert. Darüber hinaus ermöglicht die Qualität dieses Markers eine Nachuntersuchung in der Kernspintomographie (NMR) – gegenüber einer bisherigen Nachuntersuchung in der Computertomographie, deren Problem die unzureichende Abgrenzbarkeit der Prostata war. Durch die Verwendungsmöglichkeit der Kernspintomographie wird nun eine deutlich bessere Überprüfung des Operationsergebnisses im Rahmen der Qualitätskontrolle möglich. Damit werden auch langfristig noch bessere Ergebnisse in Hinblick auf die Heilung, sowie eine weitere Reduzierung der Nebenwirkungen, d.h. der Schonung des umgebenden Gewebes, zu erwarten sein.